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Rechtsanwalt Frank P. Gäbelein

Beginn des Kündigungsverbots bei Schwangerschaft

Autor: Frank P. Gäbelein

Thema: Arbeitsrecht für Arbeitnehmer

Veröffentlicht am: 14. Februar 2023

Nicht selten stellt sich nach Ausspruch einer Kündigung bzw. im Rahmen eines sich anschließenden Kündigungsschutzverfahrens die Frage, ob die gekündigte Mitarbeiterin zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits schwanger gewesen ist.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist, oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.

Im Rahmen eines nunmehr veröffentlichten Urteils vom 24.11.2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung zur Berechnung des Beginns der Schwangerschaft und damit zum Beginn des Kündigungsverbots erneut bestätigt und ist einer hiervon abweichenden Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, die auch teilweise im Schrifttum vertreten wird, entgegengetreten.

Der Beginn des Kündigungsverbots aus § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BAG bei natürlicher Empfängnis in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 MuSchG in der Weise, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung 280 Tage zurückgerechnet wird.

Dieser Zeitraum umfasse die mittlere Schwangerschaftsdauer, die bei einem durchschnittlichen Menstruationszyklus zehn Lunarmonate zu je 28 Tagen beträgt. Er markiert die äußerste zeitliche Grenze, innerhalb derer bei normalem Zyklus eine Schwangerschaft vorliegen kann. Damit werden auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft eher unwahrscheinlich ist.

Insoweit gehe es nicht um die Bestimmung des tatsächlichen – naturwissenschaftlichen – Beginns der Schwangerschaft im konkreten Fall, sondern um eine Berechnungsmethode für die Bestimmung des Kündigungsverbots wegen Schwangerschaft, der prognostische Elemente innewohnen und die am verfassungsrechtlich gebotenen Schutzauftrag orientiert ist.

Diese Auslegung von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG stehe im Einklang mit Unionsrecht und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

Die Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG in der vorstehend beschriebenen Weise stehe auch nicht im Widerspruch zu einem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Dieser hat – trotz Kenntnis der jahrzehntelangen Senatsrechtsprechung – bei der Neufassung des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2017 von einer Normierung des Beginns des Kündigungsverbots bei natürlicher Empfängnis oder einer Berechnungsmethode zur Bestimmung von dessen Beginn abgesehen.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte die Auffassung vertreten, dass das Bestehen einer Schwangerschaft und damit der Beginn des Kündigungsverbots bei natürlicher Empfängnis ausgehend von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Entbindungstermin nicht durch eine Rückrechnung eines Zeitraums von 280 Tagen, sondern lediglich von 266 Tagen bestimmt wird. Abzustellen sei insoweit nicht auf die äußerste zeitliche Grenze für den möglichen Beginn einer Schwangerschaft (280 Tage), sondern nur auf die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer (266 Tage).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.11.2022 – 2 AZR 11/22

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